Wie gehts Dir?

Warum ich auf diese Frage nicht mehr antworte oder lüge

Die klassische Einstiegsfrage nach einer Begrüßung, um ein Gespräch zu beginnen, wird scheinbar seltener ehrlich beantwortet als ich dachte. Ich fragte ein paar Frauen und hier sind ihre Antworten.
Wie siehst Du das? Schreib mir, ich freu mich!

Petra:
Ich antworte immer mit „gut“, weil ich keine Schwäche zeigen möchte. Obwohl mein Verstand es besser weiß, denke ich, dass andere sich trotz mehr Stress, Ärger, Sorgen immer besser fühlen als ich mich. 

Martina:
Ich gehe auf die Frage nicht mehr ein, wenn es mir nicht gut geht. Es ist doch sowieso nur eine Floskel und die meisten sind total überfordert, wenn Du „nicht gut“ antwortest. Mit Ehrlichkeit ginge es mir also auch nicht besser.

Karen:
Je nachdem, wer mich fragt, antworte ich entweder prinzipiell mit „gut“ – auch wenn das nicht stimmt, oder ich wechsel das Thema. Bei beruflichen Kontakten ist mir mein Gefühlsleben zu privat. Unter Umständen kann Ehrlichkeit dann auch ein Karriereende bedeuten (die ist nicht belastbar, wir befördern lieber xy). Die meisten Freunde haben selbst so viel um die Ohren, da will ich nicht noch mit meinen Befindlichkeiten kommen.

Dani:
„alles ok“ ist meine Standardantwort. Ehrlich zu antworten, hat bisher zur Folge, dass ich mich rechtfertigen muss. „Ich bin sehr müde!“ – „Wovon bist DU denn müde? Du bist Single, hast keine Kinder…“ Vielen Dank für den Finger in der Wunde, dass ich allein bin! Das heißt auch, dass ich alles allein bewältigen muss, jede Entscheidung allein treffen muss. Auch das kann manchmal zu viel sein. Ich weiß, dass besonders alleinerziehende Mütter, Väter irre viel leisten und sie haben meinen größten Respekt. Habe ich deshalb kein Recht darauf müde, erschöpft zu sein? Ich bin es leid Diskussionen darüber zu führen, dann ist nach außen eben lieber „alles ok“.

Jenny:
Mir geht es wie Dani: völliges Unverständnis, wieso ICH denn müde bin! Ich weiß woher meine Müdigkeit kommt: ich bin voll in den Wechseljahren. Das heißt, ich schlafe nicht besonders erholsam. Bin oft 7-10 mal länger als 10 Min wach in der Nacht. Mach das mal über einen längeren Zeitraum. Denn mein Alltag geht ja weiter. Mein beruflicher Alltag ist nicht „in den Wechseljahren“. Im Gegenteil. Aufgrund meiner Berufserfahrung muss ich mindestens so viel leisten wie jemand in den Dreißigern. Wenn meine Müdigkeit überhand nimmt, sage ich eher mal „ich habe Kopfschmerzen“. Das ist gesellschaftlich besser akzeptiert.

Svenja:
Ich bin an sich von Natur aus eher gut gelaunt. Ich kümmere mich selbst um meinen Kram und das klappt meist recht gut. Jedoch komme auch ich mal an oder besser über meine Grenzen. Wenn ich dann sage: „mir geht’s gerade echt nicht so gut, und ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll“, dann sind die anderen völlig verunsichert und antworten nur mit „ach, Du bist so stark, Du schaffst doch immer alles!“ 
Ja eben, sonst sage ich nichts und schaffe es auch allein, aber jetzt mal nicht. Und statt Hilfe bekomme ich ein Cheerleader- Spruch „tschaka, Du bist stark, Du schaffst das“.  Na, vielen Dank für nichts!

Valerie:
Die letzten Male, wo ich ehrlich sagte „nicht gut“, bekam ich ein „sag, wenn Du was brauchst“. Ich nahm den Satz ernst – mein Fehler. Als ich sagte, was ich brauche, wurde mir erst zugesagt. Kurz zuvor abgesagt und verschoben. Zum verschobenen Termin kam dann „Brauchst Du noch…? Ich müsste dann…“ Ich merke dann schon, dass es derjenigen so gar nicht passt. Und dann mach ich doch lieber alles wieder allein. Steh ich in keiner Schuld. Wahrscheinlich sind alle eben doch zu sehr mit sich selbst beschäftigt. 

Schreibe einen Kommentar

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner