Du bist in einer Situation, die Du Dir in Deinen kühnsten Träumen nicht hättest ausmalen können. Unerwarteter und überraschender hätte es nicht kommen können. Du bist Null darauf vorbereitet. Und jetzt sitzt Du wie das Kaninchen vor der Schlange und weißt nicht, wie es weitergehen soll.
Es gibt zwei Möglichkeiten:
a) Du trauerst, Du bist verärgert, Du bist verzweifelt, Du fühlst Dich betrogen,
„Wie kann die Welt nur so ungerecht sein???“ Immer wieder denkst Du darüber nach, „warum passiert MIR so was? Ausgerechnet mir!?“ Und während Du denkst und grübelst, tust Du…nichts.
Oder
b) Du trauerst, bist wütend, verzweifelt und so weiter…und Du atmest tief durch, trittst einen Schritt zurück und schaust Dir das Dilemma mal nüchtern aus einer anderen als der emotionalen Perspektive an. Was ist? Was kann ich daran ändern? Was nicht? Wie gehe ich damit um?
Beide Möglichkeiten gestehen Dir zu, Deine Emotionen zu spüren und zu durchleben. Während a) sich ein Gedankennetz aus „ich kann ja nichts dafür“, „die Welt ist so ungerecht“, „nur Deinetwegen bin ich in der Situation“ webt und darin hängen bleibt, sagt sich b) „was für eine Scheiße! Wie komm ich da raus?“ oder „WARUM passiert mir das? Was will mir das Leben damit sagen?“ (die Betonung liegt in dem Fall auf dem Warum, wodurch Du mit etwas Selbstreflexion vielleicht erkennst, wo evtl. auch Dein Fehler war).
Während a) also gedanklich bei seinem Dilemma und der Entstehung bleibt, geht b) weiter und sucht nach Lösungen.
Beispiele:
Tod eines geliebten Menschen nach langer schwerer Krankheit:
Eine Frau bekam die Nachricht, dass ihr Mann schwer erkrankt ist. Er möchte sich nicht behandeln lassen, keine unnötigen lebensverlängernde Maßnahmen erhalten. Für sie war das furchtbar zu sehen, dass er nicht kämpfen wollte. Zu sehen wie er schwächer wurde und starb.
1 Jahr später heiratete sie erneut. Wie konnte das denn sein? Hat sie ihn denn nicht geliebt? Hat sie nicht getrauert?
Oh doch, natürlich hat sie getrauert. Nur hat sie irgendwann entschieden, dass ihr Leben sich nicht mehr nur noch um die Trauer drehen darf. Sie hat während seiner Erkrankung schon gelitten. Jeden Tag ihn ein Stück sterben sehen. Keine Freude mehr gehabt, nur Angst, Traurigkeit. Nun war er nicht mehr da. Es hilft ihm nicht, wenn sie nicht mehr am Leben teilnimmt. Sie ist doch nicht mit ihm gestorben. Dann traf sie ihren neuen Mann. Viel zu früh, wenn man den gesellschaftlichen Normen Glauben schenken darf. Sie hat diesen Normen den gedanklichen Mittelfinger gezeigt und ihre Chance ergriffen. Sie ist glücklich und sie hat das Recht dazu. Und sie denkt deswegen nicht weniger an ihren verstorbenen Mann.
Kündigung
Über 20 Jahre war sie in dem Unternehmen, nur noch wenige Wochen und sie hat Anrecht auf die Betriebsrente, die sich sogar sehen lassen kann. Nur leider erhielt sie die Kündigung kurz vorher. Ich konnte das damals gar nicht fassen. Das ist doch wirklich bitter. Was ich aber noch viel weniger fassen konnte, wie sie damit umging.
„Das ist halt so. Ich kann es doch nicht ändern, auch wenn ich mich noch so sehr darüber ärgere.“
Sie hatte Recht. Sie hatte sich natürlich erkundigt, ob es rechtliche Wege gibt, an die Rente zu kommen, aber nein, es war alles legal. Natürlich war sie enttäuscht. Dass sie das Geld nicht bekam, und von ihrem Arbeitgeber. Aber damit hatte es sich. Sie steckte keine Energie in Wut auf ein Unternehmen. Niemand hätte davon profitiert. Im Gegenteil, es hätte sie nur unnötig erschöpft. Sie steckte die Energie lieber in die Suche einer neuen Arbeit, die ihr Spaß machte und auch vernünftig bezahlt wurde.
Plötzlicher Pflegefall innerhalb der Familie
Ein Pärchen, beide Selbständig, traf unerwartet eine schwere Erkrankung eines Familienmitglieds mit anschließender Pflegebedürftigkeit. Jeder, der schon mal jemanden pflegen musste, weiß wie viel Zeit, Arbeit und Energie darin steckt. Erste Reaktion war totale Panik: „Wir sind selbständig, können doch Aufträge nicht einfach absagen oder verschieben. Dann verlieren wir unsere Kunden.“ Nach etwas tief Durchatmen haben sie sich ihre Situation ganz sachlich angeschaut: welche Aufträge haben wir? Wie viel Zeit benötigen wir für die Pflege? Wer kann helfen?
Fazit war: Die Pflege bekam Priorität. Aufträge, die nicht viel abwarfen oder zu viel Zeit und Energie verschlungen, wurden abgelehnt. Mit anderen Familienmitgliedern wurde ein Plan entwickelt, so dass jeder seinen Beitrag leisten konnte, aber auch genug Zeit zum Ausruhen hatte. Ja, die Aufträge sind weniger geworden, allerdings die Umsätze nicht. Dadurch, dass sie sich auf wenige Aufträge fokussierten, erhöhte sich die Qualität und Kunden sind bereit dafür zu bezahlen.
Allen gemeinsam ist, dass sie aus dem Karussell „ich kann ja nichts dafür“ ausgestiegen sind.
Natürlich können sie nichts dafür.
Was aber machen solche Gedanken mit bzw.
in unserem Gehirn?
Wenn ich versuche meine Situation zu analysieren oder zu bewerten, mit dem Gefühl der Angst, der Ohnmacht, entstehen neue Nervenbahnen. Tue ich das immer wieder, verstärken sich diese Nervenbahnen, wie ein Muskel der trainiert wird. Ich sehe mich in meiner Situation, schuldlos, ohnmächtig diese zu verändern. Also wird mein Gehirn mir immer wieder dieses Gefühl geben: nichts daran ändern zu können. Mein Antrieb wird immer schwächer werden.
Wenn es soweit kommt, sind Familie und gute Freunde gefragt. (Angehörige)
Umgekehrt bilden sich auch Nervenbahnen, wenn ich die Situation meinerseits verändern will, also aktiv werden will und auch werde. Selbst nur darüber nachzudenken, was ich ändern und daraus machen kann, ist eine aktive Änderung. Mein Fokus wird nämlich auf ganz andere Dinge gelenkt.
Wenn Deine Freunde sich von der Situation überfordert fühlen – ja so etwas gibt es und hat nichts mit der Qualität Eurer Freundschaft zu tun -, unterstütze ich Dich auch gerne dabei aus diesem Tal herauszukommen. Kontakt